The Show must go online (8)

Mir geht allmählich die Puste aus. Keine Sorge, nicht generell – wenn man von der situationsbedingt schwankenden Tagesform einmal absieht. Sehr wohl aber, was diese Serie angeht. Heute daher nur ein paar Kleinigkeiten.

Gestern fand „Keiner kommt – alle machen mit“ nicht statt. Ich erwähnte das Soli-Festival vor rund sieben Wochen im ersten Teil. Heute wurde die Spendensumme veröffentlicht:

Starkes Ergebnis. Schönster Tweet übrigens dazu von der HOCHBAHN: „Keiner kommt und wir bringen Euch auch nicht hin.“

Ich habe an dieser Stelle eine Livestream-Reihe unterschlagen, die nach über dreißig Episoden mittlerweile eingestellt wurde: Hope@Home bei ARTE Concert. Dafür gab es keinen besonderen Grund. Außer vielleicht, dass Daniel Hope meiner Werbung nicht bedurft hätte – die Wohnzimmerkonzerte waren ein durchschlagender Erfolg mit Zuschauern und -hörern rund um den Erdball. Im britischen Guardian erzählt Hope die Entstehungsgeschichte. Meine Lieblingsfolgen: Episode 20 mit Sir Simon Rattle und Magdalena Kožená und die finale Episode mit Max Richter und Joy Denalane. Alle Videos sind zur Zeit noch abrufbar.

Museen und Gedenkstätten dürfen mittlerweile wieder Besucher empfangen, auch in Hamburg. In einigen Bundesländern gilt das auch für Kinos und zumindest in Sachsen sollen ab dem 15. Mai 2020 auch Theater, Opern- und Konzerthäuser wieder öffnen können. Allerorten wird noch nach praktischen Lösungen gesucht, wie sich die geltenden Hygieneregeln umsetzen lassen. So lassen die Bamberger Symphoniker beispielsweise den Aerosolausstoß von Holz- und Blechblasinstrumenten untersuchen.

Wo ich übrigens komplett raus bin: Autokino/-konzerte/-diskos und dergleichen mehr. Nicht nur, weil ich kein Auto besitze und seit Jahren auch keines mehr gefahren bin. Die Vorstellung erscheint mir atmosphärisch schlicht unschön. Da sitze ich doch lieber allein vorm Fernseher. Für die Künstler mag sich das dagegen anders darstellen: Vor einer Reihe hupender Blechkisten zu spielen ist wahrscheinlich besser als gar kein (sichtbares) Publikum zu haben.

The Show must go online (7)

Elbphilharmonie und Laeiszhalle haben verlängert: Bis wenigstens 31. August 2020 wird es keine Konzerte geben. Damit fällt auch der diesjährige Elbphilharmonie Sommer flach. Keine Überraschung mehr – nichtsdestotrotz frustrierend. Die Programmvorstellung der Spielzeit 2020/21 sollte Mut und Hoffnung machen, so Intendant Christoph Lieben-Seutter. Fürs erste wohl nicht mehr als das, denn niemand weiß, ob und wie es ab September weitergehen kann. Was natürlich bei weitem nicht nur für diese beiden Spielstätten gilt…

Auch das New Bedford Whaling Museum musste umdisponieren: Der diesjährige „Moby-Dick Marathon“ findet online statt. Die ersten 14 Episoden stammen aus dem Archiv, ab Episode 15 lesen zufällig ausgewählte Freiwillige in ihren jeweiligen vier Wänden.

Ebenfalls ins Netz verlegt wurde das Berliner Theatertreffen, inklusive einer Grundsatzdebatte über Sinn und Unsinn des Streamens von Theaterproduktionen. Das Theatertreffen ist eine Veranstaltung, die mich unter normalen Umständen nicht sonderlich interessierte. Aber jetzt, wo ich es kann, zappe ich höchstwahrscheinlich mal rein – soweit mein Diskussionsbeitrag zum Thema „Stoppt das Streaming!“. Die sechs Stücke sind jeweils nur für 24 Stunden „on Demand“ verfügbar. Mit Ausnahme des Bochumer „Hamlet“, den es noch bis Ende Juli in der ZDF Mediathek im Rahmen der Reihe „Starke Stücke“ zu sehen gibt.

Ganz anderes Genre: Die (Corona-)Zeichnungen von Chaz Hutton sind sicher dem einen oder der anderen bekannt. Nein? Auch nicht diese? Ich mag ja auch den hier. Und ganz besonders den. Bislang fehlt die neue Kategorie im Shop. Mal sehen, wie lange noch.

Zur Musik.

Überwiegend eher nicht meine Baustelle, aber wem es gefällt: Die Telekom organisiert zusammen mit Rolling Stone, Musikexpress und Metall Hammer #DaheimDabei-Konzerte mit Künstlern wie Sasha, Doro, Rage, Nik West, Eric Fish und Gavin Rossdale, gestreamt auf der Plattform MagentaMusik 360. Dort ist übrigens noch immer das Geisterkonzert von James Blunt in der Elbphilharmonie abrufbar. Am 11. März war das, quasi zwei Minuten vor dem Lockdown, in der Woche, in der es endgültig Ernst wurde. „Kein Fan von @JamesBlunt, aber schwer beeindruckt davon, wie der Mann das gerade durchzieht vor leerem Haus. Vollprofi. Respekt“, twitterte ich an jenem Abend. Gilt noch.

Deutlich ein paar Nummern kleiner, dafür persönlicher: Bei den SofaConcerts kann man personalisierte Musikbotschaften und Live-Musik per Videochat buchen.

Noch viel persönlicher weil wahrhaftig live sind die 1:1 Concerts mit Mitgliedern des SWR Symphonieorchesters, des Staatsorchesters Stuttgart und der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Ein verständlicherweise regional stark begrenztes Angebot. Aber vielleicht finden sich ja Nachahmer.

Apropos wahrhaftige Livemusik, es soll in Hamburg Straßenzüge geben, in denen regelmäßig (semi-)professionelle Balkonkonzerte stattfinden. Nur liegt das mir bekannte Beispiel dummerweise in einer Wohngegend weit jenseits meiner Preisklasse. (Ja, ich bin neidisch!)

Einen habe ich noch (via Alex Ross): Katzenmusik im Wortsinne. Der zieht euch die Schuhe aus. Versprochen.

Hätte, hätte, Infektionskette

Eigentlich wär ich jetzt gerade nicht in Hamburg, sondern auf der Ostsee. Das übliche „Statt Postkarte“-Foto entfällt aus sattsam bekannten Gründen. Aber nicht ersatzlos! Ich biete ein 1A-Symbolbild aus dem nahegelegenen Stadtpark, die Bildunterschrift: „Vandalismus in Zeiten von Corona“. Adam und seine ähnlich verunstaltete Eva (Oskar Ulmer, 1933) wurden mittlerweile wieder gereinigt. Sie sind Kummer gewohnt: „Verzierungen“ kommen mehrfach im Jahr vor, werden aber normalerweise unterhalb der Gürtellinie platziert. Bei Eva gerne auch in Brusthöhe.

Wo ich schon dabei bin, kann ich auch schnell noch zwei neue Lieblings-Splitscreen-Performances und einen Klassiker beisteuern.

Da sind zum einen Manu Delago und Douglas Dare mit „Wherever you are“, aufgenommen im Rahmen des „Sea Change 2020„. Das komplette Festival wurde ins Netz verlegt und ich glaube beinahe, ich muss da nochmal stöbern.

Via Kiki. Vierunddreißig Jahre. Puh. Die Extended Version ist eine der wenigen von mir erworbenen Maxi-Singles aus dieser Zeit, die sich bis heute in meinem Besitz befinden.

Ja, ich weiß: uralt (2009)! Und gar nix mit Corona! Aber hebt zuverlässig die Laune und meine hat es gerade nötig.

Interludium: Weltpremiere bei TV Noir

So geschehen im Rahmen der Reihe „Aus meinem Wohnzimmer“.

Das Bodo Wartke-Konzert in der Laeiszhalle ist von letzter Woche auf Februar 2021 verschoben worden. Ich habe die Karte behalten – Ehrensache! – und freue mich drauf. Sehr.

(Pandemie-Flötensolo.)

The Show must go online (6)

In Hamburg treten diese Woche die ersten Lockerungen nach dem coronabedingten Shutdown in Kraft. Die Kultur ist dabei noch nicht berücksichtigt, wenn man einmal von der schrittweisen Öffnung von Buchhandlungen und Bibliotheken absieht. Ich lasse mich gerne positiv überraschen, aber nach dem aktuellen Stand der Dinge glaube ich nicht, dass die Spielzeit 2020/21 regulär starten kann.

Ich habe hier schon einige Theater-Tipps verteilt, allerdings bisher ausschließlich Auswärtiges. Auf Wunsch eines einzelnen Herrn (quasi Leserbrief! Toll!) weise ich auf die gestreamte „Effi Briest“ des Deutschen SchauSpielhauses hin, die soll nämlich super sein. Damit es keinen Ärger gibt: Das Thalia Theater streamt auch.

Stichwort Streaming: Netflix hat verschiedene Dokumentationen bei YouTube eingestellt, darunter die überaus empfehlenswerte Serie „Abstract: The Art of Design“. Lieblingsfolgen bisher: Christoph Niemann („Illustration“), Paula Scher („Graphic Design“), Platon („Photography“).

Schnitt.

Dass social-media-aktive Museen sich auf Twitter gegenseitig herausfordern, ist nicht unbedingt ein Lockdown-Phänomen. Dennoch sei an dieser Stelle der vom Yorkshire Museum angestoßene #curatorbattle der vergangenen Woche zum Thema #CreepiestObject erwähnt. Mein Favorit ist der Beitrag des York Castle Museums„STEP ASIDE ALL.“. Das Deutsche Historische Museum steuerte übrigens eine Pesthaube bei. Zweifelsohne creepy, aber in Zeiten wie diesen vielleicht etwas phantasielos.

Zurück nach Hamburg. Eigentlich hätte in Hamburg am 25. April 2020 die Lange Nacht der Museen stattfinden sollen. Abgesagt, wie alles übrige. Aber nun wieder „Angesagt“, und zwar digital auf YouTube und Facebook: Ab 18 Uhr geht es los.

Ich erwähnte in der vorletzten Folge die Auswirkungen des Lockdown auf freischaffende Musiker, insbesondere in Großbritannien. Wem der Begriff „Auswirkungen“ zu abstrakt ist: Die New York Times beschreibt diese sehr anschaulich am Beispiel des Tesla Quartets.

Nicht nur junge, aufstrebende Musiker sind betroffen, auch sehr etablierte Ensembles kämpfen ums nackte Überleben. So veröffentlichte das Mahler Chamber Orchestra unlängst einen Spendenaufruf: „Our situation is critical. Help us to #KeepPlaying.“

In Deutschland gibt es mittlerweile zahlreiche Initiativen zur Unterstützung freischaffender (Orchester-)Musiker, so zum Beispiel den Elbphilharmonie Hilfsfonds sowie Spendenaktionen der Deutschen Orchester- und der Hamburgischen Kulturstiftung. Unterstützen kann man auch dadurch, indem man auf Ticketerstattungen verzichtet. Das geht beispielsweise bei der Elbphilharmonie und den Hamburger Philharmonikern ganz einfach per Onlineformular.

Theoretisch bieten auch Ticketverkäufer solche Formulare zur Rückerstattung an. Nur praktisch funktioniert das leider nicht immer. Mich hat sehr beeindruckt, wie schnell und umfassend ich von Künstlern, Veranstaltern und Händlern über Ausfälle, Verschiebungen und Rückerstattungsmodalitäten informiert worden bin. Diese Regel wird durch eine unrühmliche Ausnahme bestätigt: Ticketmaster. Das scheint eine größere Baustelle zu sein. Jedenfalls bekommt der Laden von mir vorerst kein Geld mehr.

Zurück zur Musik. Das von Teodor Currentzis gegründete Ensemble musicAeterna hat den Start einer eigenen digitalen Plattform zum 23. April 2020 angekündigt, unter anderem auf Facebook und mit diesen Worten:

What is it going to be? A concert hall? A study room? An online encyclopedia? First and foremost, it will be our community.

Ich bin sehr gespannt.

The Show must go online (5)

Dass ich im letzten Beitrag die BBC Proms erwähnte, kommt nicht von ungefähr. Eigentlich will ich nämlich im August wieder hin. Diesmal nicht nur nach London; geplant ist außerdem eine Wanderung in den Yorkshire Dales und ein Besuch des Chatsworth House. Und ich habe Karten für Harry Potter im Palace Theatre, verdammt noch eins!!!

Ein Grund, warum ich neben den örtlichen Informationsquellen immer mit einem halben Auge die Coronavirus-Berichterstattung des Guardian im Blick habe. Allerdings bisher ausschließlich die, weswegen ich erst in den letzten Tagen die Serie „Lockdown culture“ entdeckte.

Nun weiß ich gar nicht, wo ich mit dem Nachholen anfangen soll. Listen über Listen, Serien innerhalb der Serie: Klassische Musik und Oper (inklusive wöchentlicher Tipps der Redaktion), „Bittersweet Symphony“: Orchester und Chöre, Theater und Tanz, Carol Anne Duffys Poems to get us throughThe Great British Art Quiz – to name but a few.

Insbesondere sei hier die Liste „Lockdown reading“ hervorgehoben, unter anderem mit Axel Scheffler, der ein Corona-Kinderbuch illustriert und über die Webseite des Verlags Nosy Crow zum Download bereitgestellt hat. Der Grüffelo höchstselbst hat da übrigens auch noch ein paar Tipps.

Ebenfalls eine sehr schöne Idee: die „Lockdown Book Show“ der Bookshop Band, jeden Freitag um 20:30 Uhr (BST) live auf diversen Facebook-Kanälen.

Apropos Lesen und Bücher, Fans der Tintenwelt von Cornelia Funke sollten eine ganz besondere Premiere nicht verpassen: Rainer Strecker liest ab morgen, 17. April 2020 um 20:15 Uhr aus dem noch unveröffentlichten Band 4 der Serie: „Die Farbe der Rache“.

The Show must go online (4)

Mein kostenloses Ticket für die Digital Concert Hall ist gestern Abend abgelaufen. Das bedeutet, dass das vorläufig letzte reguläre Konzert im Großen Saal der Elbphilharmonie schon vier Wochen her ist. Vier Wochen, die mir gleichzeitig wie vier Tage und vier Monate vorgekommen sind – Hand hoch, wem es nicht so gegangen ist. Quasi Zeitlupe und Zeitraffer, zeitgleich. Wie war das noch? „It’s more like a big ball of wibbly-wobbly timey-wimey… stuff.“ Q.e.d.

Da kann man schon mal ein Juwel übersehen, wie z. B. dieses hier:

Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg mit einer Küchenversion von „La Traviata“. Köstlich.

Auch die Royal Albert Hall hat inzwischen unter der Überschrift „Royal Albert Home“ eine Reihe mit Wohnzimmerkonzerten aufgelegt. Und bittet um Spenden, denn die Hall erhält sich und ihre Crew fast ausschließlich aus den Einnahmen aus Ticketverkäufen und Sponsoring. Die nun auf unbestimmte Zeit weggebrochen sind. Sogar Programmankündigung und Vorverkaufsstart der diesjährigen BBC Proms sind mittlerweile verschoben worden. Im Jahr des 125. Jubiläums.

Es trifft natürlich nicht nur die Proms und die Albert Hall. Großbritannien bekommt da auf (musik-)kultureller Ebene noch einmal ein ganz anderes Problem als wir hier in Deutschland, stützt sich dort doch der größte Teil auch der etablierten Institutionen, Häuser und Ensembles auf Freischaffende: „Wegen notorischer Probenknappheit gelten britische Musiker als die besten Vom-Blatt-Spieler der Welt: time is money.“ Als ob der drohende Brexit nicht schon genügt hätte, um dieses fragil gewordene System ins Wanken zu bringen.

Unabhängig davon, ein erstes Fazit nach vier Wochen Kultur vom Sofa aus: Wohnzimmerkonzerte und Konzertaufzeichnungen funktionieren bei mir als Ersatzdroge so gut wie gar nicht. Die Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker, ich schrieb es schon, ist zweifelsohne super. Aber um das originale Klangerlebnis auch nur ansatzweise in den eigenen vier Wänden simulieren zu können, fehlt mir das Equipment. Nacherleben geht so gerade noch, wie bewiesen durch die „Enigma Variations“ – nobody does them like Sir Simon! -, Neues Entdecken hat dagegen überhaupt nicht geklappt. Nicht einmal mit Pierre-Laurent Aimard und Teodor Currentzis und wenn die zwei es nicht schaffen, dann weiß ich nicht, wer sonst.

Während diese Art Angebot meine technische Ausstattung überfordert, kommt eine Vielzahl der gestreamten Wohnzimmerkonzerte in einer derart grottenschlechten Klangqualität daher, dass ich in den allermeisten Fällen nach kurzer Zeit umschalte.

Ganz anders verhält es sich indes mit dem Theater. Falls aus dem ebenfalls bereits erwähnten „National Theatre at home“ ein dauerhaft verfügbares Bezahlangebot werden sollte, gehöre ich zu den ersten, die ein Abonnement abschließen. Ins Savoy gehe ich dann natürlich trotzdem noch. Versprochen.

The Show must go online (3)

Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter glaubt nicht, dass es am 1. Mai wieder losgeht. Ich inzwischen auch nicht mehr, weshalb diese Reihe vermutlich noch ein paar Teile mehr bekommen wird als ursprünglich angedacht.

Auch die Museen packen derzeit ihre digitalen Angebote auf den Tisch. Fündig wird man beispielsweise auf den diversen Social Media-Kanälen, Hashtags #closedbutopen und #MuseumFromHome. Dabei sind Inhalte und Formate ebenso bunt wie die Häuser selbst.

Das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg bietet gleich einen ganzen Strauss unterschiedlicher Aufbereitungen: Neben der MKG Sammlung online und diversen Ausstellungs-Websites gibt es interaktive Touren, Tutorials, einen Podcast, die Videoserie #culturedoesntstop sowie ein (grimme-)preisgekröntes Web-Journal zum Jugendstil zu entdecken.

Eine komplette Ausstellung hat das Barmbeker Museum der Arbeit online gestellt: „Out of Office“. „Was für eine Ironie“, so der Beginn von Falks Artikel darüber in der taz. Davon abgesehen habe ich die Ausstellung seinerzeit vor Ort gesehen und kann daher bestätigen: So schlecht ist das nicht geworden.

Apropos Kritik an digitalen Museumsinhalten, die wird dieser Tage mannigfaltig ausgeteilt, unter anderem von Stefan Trinks in der FAZ und Jörg Heiser auf Deutschlandfunk Kultur. Insbesondere letzteres scheint mir ein wenig sehr vom hohen Ross aus. Natürlich kann das virtuelle Museum einen realen Besuch nicht ersetzen. Wer hat das behauptet?

Wobei ich zwei Beispiele kenne, die sehr nah herankommen. Zum einen das British Museum, welches man per Google Street View besuchen kann. Nach eigener Angabe handelt es sich um den weltgrößten durch den Dienst erschlossenen Innenbereich. Glaube ich sofort. Einen anderen Weg wählt das Amsterdamer Rijksmuseum mit „Masterpieces up close“. Die allermeisten Besucher wird es hier wohl zur Rembrandt’schen „Nachtwache“ ziehen, schon wegen des auch online zu verfolgenden Restaurierungsprojekts.

Ich bin gleich bei „De bedreigde zwaan“ hängengeblieben.

Im Musiksektor sind mittlerweile verschiedene Plattformen entstanden, auf denen kostenfrei zugängliche (Live-)Streams mit Spendenaktionen gekoppelt werden. So kann man bei TV Noir zwischen den Formaten „Aus meinem Wohnzimmer“ (Livestreams) und „aus meinem Palast“ (Aufzeichnungen) wählen und dafür „Tickets“ zum Preis von 1,00 bis 50,00 Euro erwerben. Die Einnahmen gehen zu 100% an die Künstler.

Ein ähnliches Konzept liegt den Quaratunes zugrunde: Hier haben sich die Partner Karsten Jahnke Konzertdirektion, PM Blue Veranstaltungstechnik und RockCity Hamburg e. V. zusammengeschlossen, um Hamburger Künstler, Veranstalter und Zuliefernde zu unterstützen. Zur Auswahl stehen virtuelle Spendenprämien wie „Bier“ (3,50 Euro), „Longdrink“ (7,00 Euro) und „Prost!“ (25,00 Euro) bis hin zur „Zugabe“ (50,00 Euro).

Zum Schluss seien noch die Quarantäne-Konzerte (Livestreams auf Facebook) für und bei NDR Kultur Neo erwähnt, bisher unter anderem mit Pascal Schumacher, Manu Delago, Lambert, Christian Löffler und Martyn Heyne. Überhaupt, der NDR: „Kultur trotz Corona“ lautet das Motto sowohl der NDR Bühne als auch des gestrigen Aktionstages. Literatur, Kunst, Musik, Tanz, Theater – bei dieser Palette sollte wirklich für jeden etwas dabei sein.

The Show must go online (2)

Allmählich ruckelt sich so etwas wie ein Tagesschema jenseits des Heimbüros zurecht. Wichtigste Maßnahme: Einschränkung bzw. Regulierung des Nachrichtenkonsums. Hilft enorm. Ich bilde mir ein, dass man das auch an der folgenden Liste ablesen kann.

The London Symphony Orchestra is „Always Playing“. Immer donnerstags und sonntags auf YouTube.

Das kennen wahrscheinlich inzwischen schon alle, es sei dennoch aus dokumentarischen Gründen aufgeführt: Daniel Matarazzo mit der Corona-Version von „Supercalifragilisticexpialidocious“.

Einen deutschen Corona-Song gibt es inzwischen auch, und zwar von den Ärzten.

Gary Barlow macht derweil mit „The Crooner Sessions“ auf sich aufmerksam. Ein Highlight: Folge 6 mit Beverley Knight. Sensationell.

Weitere Gäste sind u. a. Rick Astley, Olly Murs und Alfie Boe (!).

Die Elbphilharmonie im Homeoffice: Geboten werden Konzertaufzeichnungen, Livemusik und „Zuhausführungen“.

Apropos, Maike macht normalerweise Hafentouren („niveauvolle Hafenschnackerei jenseits der krummgebogenen Bananen“), sitzt aber momentan coronabedingt hoch & trocken. Und hat sich daher aufs Podcasten verlegt.

Um das Stückwerk meines höchst subjektiven Sammelsuriums zu ergänzen, werde ich an dieser Stelle gelegentlich auch auf die Listen anderer Leute verweisen. Fürs klassische Fach empfehle ich die „COVID-19 live streams“ des Musikkritikers Alex Ross, der zum Thema zudem noch einen lesenswerten Artikel für den „New Yorker“ verfasst hat.

I sat and watched at my home laptop, I became sufficiently immersed in the music that I forgot about the peculiar context, and it was a shock when stony silence intruded at the end,

schreibt er über das Geisterkonzert der Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle am 12. März 2020.

The final silence was a vacuum crying to be filled.

Genau so.

Übrigens, wo ich gerade über Herrn Ross spreche: Immer, wenn ich über den Namen stolpere, fällt mir unangenehm auf, dass ich sein Buch „The Rest is Noise“ zwar bereits vor gefühlten Äonen gekauft, aber immer noch nicht gelesen habe. Vielleicht ein Projekt für die nächsten Wochen.

The Show must go online (1)

Nein, der ist nicht von mir – zuerst habe ich das beim „Londonist“ gelesen, aber ich vermute, die haben es auch irgendwo abgeschrieben. Jedenfalls ist es die beste Tagline, die bisher ich zum Thema „Kultur im Internet“ gelesen habe.

Mit meiner Konzentrationsfähigkeit ist es nicht weit her dieser Tage. Das Heimbüro klappt erstaunlich gut, aber für viel mehr reicht es nicht. In einige der neuen bzw. kurzfristig geöffneten/erweiterten Streamingangebote habe ich trotzdem mittlerweile reinschnuppern können.

Die Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker. Da gibt es sogar eine App für meinen Fernseher! Wirklich super, aber der gestreamte Klang ist kein Ersatz für das unmittelbare Erlebnis. Obwohl ich schon nicht die allerschlechtesten Lautsprecher habe.

Wohnzimmerkonzerte von Igor Levit und Svavar Knútur. Stark tagesformabhängig in der Wirkung. Meine Tagesform wohlgemerkt, nicht die der Musiker.

Twitch-Lesungen von Saša Stanišić. Leider verschwitzt, daher quasi blind gespendet dafür. Passt schon.

Oper, Theater und Ballet bei Marquee TV. Ich habe mit „The Tempest“ angefangen, aber das hat mich überfordert. Stattdessen die Bildungslücke „Lady Windermere’s Fan“ gestopft. Auf meiner Watchlist steht nun viermal Shakespeare. Dafür habe ich nun noch bis zum 24. April 2020 Zeit, danach wird die Chose kostenpflichtig. Das ist möglicherweise etwas ambitioniert.

National Theatre at Home. Start am nächsten Donnerstag (2. April 2020) mit „One Man, Two Guvnors“, in der Hauptrolle James Corden.

„National Theatre Live“ heißt in Hamburg „English Theatre“ und wird normalerweise im Savoy Filmtheater gezeigt. Dort gibt es zwar zurzeit keine Vorstellungen, dafür aber Gutscheine zu kaufen, darunter auch eine eigens für die Reihe konzipierte „Theatre Box“.

Sir Patrick Stewart liest #ASonnetADay auf Twitter. Toll.

Apropos Twitter, dort wird James Blunt für diesen Tweet gefeiert:

During lockdown, while many other artists are doing mini-concerts from their homes, I thought I’d do you all a favour and not.

Über 530.000 Likes gab es dafür bisher. Der beiderseitige Galgenhumor ist offensichtlich, nichtsdestotrotz beschleicht mich angesichts dieser Resonanz die Vermutung, nicht die einzige mit einem Reizüberflutungsproblem zu sein.

Aber auch für diese Zielgruppe ist gesorgt. Zum Beispiel mit Initiativen wie dem Soli-Festival „Keiner kommt – alle machen mit“. Total irre, wer da alles nicht kommt!