#30DayMusicChallenge (2)

Wieder sind zehn Tage vergangen – Zeit für den Rückblick auf den zweiten Teil der #30DayMusicChallenge!

Day 11: A song that you never get tired of
Da gibt es ein paar, aber „Says“ sticht aus vielerlei Gründen heraus. Ich habe es bisher fünfmal live gehört, beim MS Dockville, auf Kampnagel, in Paris und in London und jedes dieser Konzerte ist mit bestimmten Erinnerungen und Emotionen verknüpft. Immer, wenn ich das Stück auflege, ist es also auch eine Zeitreise.

Zum Louvre-Konzert existiert ein Bericht, der diesen Satz enthält:

05:23 A chord change provokes wild applause for some reason.

Der Uhrzeit nach muss das „Says“ gewesen sein und ich frage mich bis heute, ob die Autorin tatsächlich Ohren hat oder bloße Attrappen am Kopf trägt.

Day 12: A song from your preteen years
1985 war das Jahr, in dem ich voll eingestiegen bin in das, was man damals Popmusik nannte. Ich könnte problemlos ein Dutzend Titel nennen, aber „The Power of Love“ aus „Zurück in die Zukunft“ ist der, der von allen am lautesten „1985“ schreit.

Day 13: One of your favorite 70’s songs
Im Zweifel kann das „70’s“ gestrichen werden.

Day 14: A song that you would love played on your wedding
Ach, die Sache mit dem Hochzeitssong. An sich eine unlösbare Aufgabe. Geht doch gar nicht, dass ich das einfach so für mich festlege, bevor ich überhaupt weiß, wer da im Falle des Falles neben mir steht. Aber dann fand ich dieses zauberhafte Geschrammel auf Spotify und dachte: Wer ein Problem damit hat, dazu mit mir zu schwoofen, kommt eh nicht infrage.

Day 15: A song that is a cover by another artist
Damals, als ich nach dem Konzert in der Pony Bar auf Facebook schrieb: „Last night an Icelandic troubadour saved my life.“

Day 16: One of your favorite classical songs
Patrick O’Brian ist schuld. Der hat nämlich die Aubrey/Maturin-Bücher geschrieben, insgesamt 21 Bände. Später hat jemand aus zweien davon ein Drehbuch fabriziert und einen Film daraus gemacht. Zu dem es selbstverständlich auch einen Soundtrack gibt. Die besten Stücke aus diesem Soundtrack wurden nicht für den Film komponiert und sind älter als das, was Patrick O’Brian verfasst hat. Sie stammen von Johann Sebastian Bach, Luigi Boccherini, Arcangelo Corelli, Wolfgang Amadeus Mozart und Ralph Vaughan Williams.

Day 17: A song that you would sing a duet with on karaoke
Karaoke im Duett? Nicht meine Lieblingsidee. Aber wenn, dann das.

Day 18: A song from the year that you were born
Aus dem Jahr 1973 stammen erstaunlich viele meiner Favoriten. Im dritten Teil liste ich einen, der mir für eine andere Kategorie passender erschien. An dieser Stelle soll Sir Elton John zu Ehren kommen.

Day 19: A song that makes you think about life
Am liebsten in der Version von Marlene Dietrich und am allerliebsten en français.

Begründen muss ich diese Wahl wohl nicht.

Day 20: A song that has many meanings to you
Mit dem Großteil der Musik, zu der ich aufgewachsen bin, fange ich mittlerweile nicht mehr viel an. Die Songs von Billy Joel hingegen blieben außen vor und sind gewissermaßen unkaputtbar (1. Bedeutung). Ich verbinde sie mit diversen Aufenthalten in England und Irland (2. Bedeutung) und mit einer langjährigen Freundschaft (3. Bedeutung).

„She’s always a woman“ ist mein Lieblingssong von Billy Joel und darüber hinaus eines meiner Lieblingsliebeslieder (4. Bedeutung). Jahrelang habe ich mir einen alternativen Text aus der Perspektive „Mädchen liebt Junge“ gewünscht. Nur hätte man dazu den Song covern müssen und das erschien mir undenkbar. Aber dann kam Anna Depenbusch, machte es einfach und siehe da: Das Stück verlor seinen Zauber nicht. Ganz im Gegenteil.

Fortsetzung folgt.

In Concert: Sir Jeffrey Tate und die Hamburger Symphoniker in der Laeiszhalle

„Mehr Philharmonisches Staatsorchester Hamburg“, lautete einer meiner Konzertvorsätze für die Saison 2016/17 – so sehr hatte mich das 6. Philharmonische Konzert mit Kent Nagano im Februar letzten Jahres begeistert. Nun kann man mir nicht ganz zu Unrecht vorwerfen, dass ich leicht zu begeistern bin. Was aber an diesem Abend besonders war: Ich saß in der Laeiszhalle, hörte einem Hamburger Orchester zu, auf dem Programm stand unter anderem ein Komponist, nach dessen Stücken es mich nicht zwingend gelüstet und ich brachte dennoch das gesamte Konzert auf der Stuhlkante sitzend zu. Der hinter mir liegende Arbeitstag, der schmerzende Rücken, der laeiszhallentypische Sauerstoffmangel: alles unwichtig, solange Nagano den Taktstock in der Hand hielt.

Ich bin nicht sehr versiert, wenn es um Orchester- und Dirigentenvergleiche geht. Dazu fehlen mir Hintergrundwissen und Hörerfahrung. Wenn ich in Kritiken von „analytischer Durchdringung“ lese oder von „furchterregend stählerner Brillanz“, dann erinnert mich das an Geschmacksbeschreibungen bei Weinproben oder Whisky-Verkostungen. „Goldener Sirup, braunes Brot, Erdnussbutter, Zimt, weißer Pfeffer, Cocktailkirschen“, las ich da unlängst, und aus eigener Kraft wäre ich höchstens auf „goldener Sirup“ gekommen – ganz vielleicht auch noch auf „Erdnussbutter“. Ein schlichtes „Schmeckt mir“- oder „Schmeckt mir nicht“-Urteil ist sehr viel wahrscheinlicher.

Mein Maßstab für Orchesterkonzerte ist daher: Wie sehr fesselt mich das Aufgeführte? „Kriegt“ mich das, selbst wenn ich mit dem Komponisten, dem Werk oder der Musikrichtung wenig anfange? Kent Nagano und die Philharmoniker schafften das mühelos und ich wollte unbedingt mehr davon.

Nur kann ich meinen Vorsatz leider nicht einhalten. Ich bin zwar nicht leer ausgegangen beim Elphi-Vorverkauf, aber den Run hatte ich in dieser Wucht doch unterschätzt und daher keine Karte mehr für ein Philharmoniker-Konzert ergattern können.

Aber schließlich sind da ja noch die Hamburger Symphoniker, die der Laeiszhalle als neues Residenzorchester die Treue halten. „Andere Säle haben auch (noch) schöne Konzerte“, dachte ich, als ich das Plakat zum 5. Symphoniekonzert sah, „und außerdem kannst Du das Ticket im Zweifel noch spontan zwei Wochen vor dem Termin kaufen. Hat auch was für sich.“

Es war schon ein besonderes zeitliches Zusammentreffen. Jeffrey Tate ist erst kürzlich zum „Sir“ geschlagen worden, in Anerkennung der Verdienste um die Musik seines Heimatlandes im Ausland. Es war das erste Konzert, das er nach dieser Auszeichnung dirigierte, und das Programm unter dem Titel „London, my love“ bestand bezeichnenderweise ausschließlich aus britischer Musik: der „Horoscope“-Suite von Constant Lambert, dem Liederzyklus „Sea Pictures“ op. 37 von Edward Elgar, vorgetragen von Mezzosopranistin Jennifer Johnston und der Sinfonie No. 2 („A London Symphony“) von Ralph Vaughan-Williams.

Intendant Daniel Kühnel ließ es sich verständlicherweise nicht nehmen, das Publikum vor Konzertbeginn darauf hinzuweisen. Er konnte sich dabei nur leider eine Spitze Richtung Elbphilharmonie nicht verkneifen. „Schön, dass Sie den Weg hierher gefunden haben“, so seine Begrüßung. „Die Laeiszhalle wird heute Abend ganz wunderbar klingen. So wie schon die letzten 108 Jahre und 15 Tage!“ Mit der Reaktion des Publikums setzte das die Stimmung. „Lass die anderen in dieses neumodische Glas-Ding da rennen, wir haben unsere Laeiszhalle und die Symphoniker!“, klatschte es halb selbstgewiss, halb mürrisch aus dem Parkett.

Das Konzert schloss sich nahtlos an: Ich war aufnahmewillig und hörbereit, hatte aber Schwierigkeiten, die Konzentration zu halten. Einzig beim zweiten Satz der Vaughan Williams-Sinfonie klappte das vollumfänglich (Wie zauberhaft ist der denn! Team Vaughan-Williams! Hach!). Das mag in Teilen der Tatsache geschuldet gewesen sein, dass Sir Jeffrey Tate mit einem grippalen Infekt zu kämpfen hatte. Dennoch, es erinnerte mich an frühere Erfahrungen ähnlicher Art bei Symphoniekonzerten und das Erlebnis mit den Philharmonikern hatte mir gezeigt, dass es so nicht sein muss.

Ein kniffliger Zwiespalt: Hätte Kent Nagano mit den Philharmonikern auf dem Podium gestanden, ich hätte zum Gähnen keine Muße gehabt. Andererseits hätte es das Konzert in dieser Zusammenstellung ohne Sir Jeffrey Tate in Hamburg sehr wahrscheinlich gar nicht gegeben.

Wenn mich ein Programm lockt, werde ich daher wohl auch künftig zu den Symphonikern in die Laeiszhalle kommen. Aber die Entscheidung dafür wird zögerlicher ausfallen.

Von allen musikalischen Vergleichen und der Tagesform einzelner Beteiligter abgesehen hat das viel mit dem gestern präsentierten Gesamtbild zu tun. Insbesondere die trotzig-unentspannt wirkende Ansage war alles andere als sexy. Durch solches wird das (Abo-)Publikum weder diverser noch jünger und ganz bestimmt nicht zahlreicher. Da wird eine Philharmonie eröffnet, die ganze Stadt redet über klassische Musik, aber viele, zum Teil erstmals Interessierte haben keine Tickets bekommen – das ist doch super! Nicht schmollen, ausnutzen und abgreifen!

In dem Zusammenhang sei erwähnt, dass die Webseite der Symphoniker sehr dringend ein Facelift gebrauchen kann. Als ersten Schritt sollte man den „x Jahre, x Tage, x Stunden und x Minuten seit Eröffnung der Laeiszhalle“-Ticker von der Startseite nehmen. Damit gegen die mutmaßlich Tausende Euro schwere „Sounddown“-Kampagne der Elbphilharmonie anstinken zu wollen, riecht nicht nur schwer nach Verzweiflung.

So etwas hat die würdige alte Lady gar nicht nötig.