In Concert: James Rhodes in der Elbphilharmonie

Bevor es im Londonaufbruch noch untergeht, schnell zwei Worte zum heutigen Konzert von James Rhodes in der Elbphilharmonie: Das war so ungefähr wie damals auf Kampnagel, nur eben in der Elbphilharmonie.

Auf der einen Seite bedeutet das ein wesentlich größeres Publikum und diese ganz andere, besondere Akustik und Atmosphäre des Großen Saales, auf der anderen Seite aber auch gesalzene Ticketpreise. Weswegen ich in luftiger Höhe (16 U, Achtung, wichtiger Hinweis: Dafür muss man wenigstens einigermaßen schwindelfrei sein!) saß. Aufgrund der Dimension war die Veranstaltung zudem nicht annähernd so intim wie seinerzeit in der K2.

Welches Konzert mir besser gefallen hat? Schwierige Entscheidung. Fragt mich morgen nochmal. Ach nein, lieber nächste Woche. Morgen Abend sitze ich nämlich im Barbican Centre und lausche dem Saisoneröffnungskonzert des London Symphony Orchestra. Das ist gleichzeitig das Debüt von Sir Simon Rattle als neuem Chefdirigenten des LSO und – sorry, Mr. Rhodes, Verzeihung, Elphi – das wird ziemlich sicher mein musikalisches Highlight mindestens des Monats werden.

In Concert: James Rhodes auf Kampnagel

Der heutige Abend auf Kampnagel wurde allenthalben als „musikalische Lesung“ angekündigt und da die Autobiographie von James Rhodes in diesem Frühjahr auf Deutsch erschienen ist, erwartete ich eine Veranstaltung im Stile einer klassischen Buchvorstellung mit ein wenig musikalischer Garnitur.

James Rhodes hat einiges hinter sich – als Kind missbraucht worden, Depressionen, Drogen, Klinikaufenthalte, das ganze Programm – und musste vor Gericht dafür streiten, das Buch mit dem Titel „Der Klang der Wut“ in dieser Form überhaupt veröffentlichen zu dürfen. Seine Ex-Frau war der Meinung, das sei dem gemeinsamen Sohn nicht zuzumuten.

Ich stellte mich also auf schwere Kost ein, die dann komplett ausblieb: James Rhodes hat über Musik gesprochen! Fast ausschließlich! Über Chopin, Beethoven, Rachmaninoff und die Stücke, die er gespielt hat. Sprühend, ansteckend, angetan mit einem Sweatshirt mit der Aufschrift „BACH“ und in der Körperhaltung eines begeisterten Kindes. Mit einem verschmitzt-schüchternen Lächeln, welches mich so sehr an einen Herrn erinnerte, in den ich mich einst gar furchtbar verliebte, dass ich ein paar Mal heftig blinzeln musste, um mich daran zu erinnern, dass den beiden (optisch) ansonsten nichts gemein ist.

Das Manuskript
Das Manuskript

Sprechen müsse man über klassische Musik, sagt James Rhodes. Nicht nur abliefern und vom Publikum verlangen, dabei auch ja ganz still und andächtig zu sein. Das dockt bei mir 100%ig an. Klavier verläuft bei mir nämlich in Schüben, die nicht selten dadurch ausgelöst werden, dass ich mich jemandem über Musik unterhalte, der mehr davon weiß als ich.

Und Klavier spielen kann der Mann auch.