In Concert: Martin Kohlstedt auf Kampnagel

Martin Kohlstedt auf Kampnagel – das wurde auch Zeit! Ich hatte schon befürchtet, dass es nicht mehr dazu kommt. Ist doch die Reihenfolge normalerweise eine andere: erst Kampnagel, dann Elbphilharmonie. Einen Auftritt in der Elbphilharmonie gab es schon, beinahe sechs Jahre ist das inzwischen her. Umso größer meine Freude über die Konzertankündigung, wenn sich auch die Wartezeit aufgrund der Verschiebung des Konzerts von März 2022 auf April 2023 reichlich lang zog.

Ich hatte mir gleich zu Anfang des Vorverkaufs einen Platz in der ersten Reihe gesichert. Das vermeide ich ansonsten einigermaßen konsequent, zumal die ersten Reihen nicht zwingend das beste Konzerterlebnis bieten. Beispielsweise in der Laeiszhalle; aufgrund der erhöhten Bühne ist die Nackenstarre dort quasi vorprogrammiert. Aber, wie heißt es so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel. Kampnagel ist ein sicherer Ort für mich und damit auch einer für Experimente.

Und so konnte ich Martin Kohlstedt aus nächster Nähe „beim Üben zuschauen“ (O-Ton). Mich beeindruckt diese Risikobereitschaft immer wieder neu: nur mit einem Armvoll musikalischer „Argumente“ vor das Publikum zu treten und sich von Tagesform und Resonanz des Raums leiten zu lassen. Ohne Rücksicht auf Verluste abzuheben und damit auch mal eine weniger elegante Landung zu riskieren. Gar abzubrechen, wenn es nicht funktioniert.

Ich gestehe, mir standen da zwei bis drei Geräte zu viel auf der Bühne. Bisweilen wurde es mir zu laut, zu komplex; hinter den vielen Stimmen konnte ich manches Gespräch nicht mehr verfolgen. Aber vielleicht repräsentierte gerade das die Tagesform. Denn alle Flüge und Flugversuche des Abends führten stets zurück zum Klavier. „Der Flügel hat heute gewonnen – ich beschwere mich nicht!“

Und die kleine Mashup-Andeutung bestehend aus Yann Tiersens „Comptine d’un autre été: L’Après-midi“ – Amélie lässt grüßen – und Phil Collins‘ „Another Day in Paradise“ verfolgt mich auch immer noch. (Ja, liebe Klavierschüler:innen eines gewissen Alters: exakt so fies, wie es sich liest!)

Ich fasse zusammen: Astra Stube, Volt, Elbphilharmonie (Großer Saal), Laeiszhalle (großer Saal), Knust (Lattenplatz), Kampnagel (K6). Wo wohl das nächste Kapitel geschrieben wird?