Schnelldurchlauf

Mittwoch

Manchmal reicht ein verschobener Konzerttermin, um eine kulturreiche in eine Kulturstresswoche zu verwandeln. In diesem Fall war es das Konzert von JaKönigJa im Kleinen Saal der Elbphilharmonie. Ich hätte den Auftritt dennoch auf keinen Fall missen mögen, gerade auch wegen der Verstärkung durch Mitglieder der Jungen Symphoniker (Streicher, Holz- und Blechbläser). Das Zusammenspiel war bisweilen zwar nicht perfekt abgestimmt und auch in puncto Sound und Abmischung wollten die klassischen nicht ganz zu den weniger klassischen Instrumenten passen. Dem besonderen Reiz der Kombination tat das keinen Abbruch.

Donnerstag

Anders als die Elbphilharmonie kann die Laeiszhalle nicht mit klimatisierten Räumen aufwarten. Bei den Temperaturen der letzten Maitage geriet das Stummfilmkonzert der Hamburger Symphoniker unter der Leitung von Stefanos Tsialis zur Herausforderung – am Ende der Veranstaltung war nicht nur der Dirigent gut durch. Sei’s drum, Charlie Chaplin („Der Zirkus“, „Die feinen Leute“) geht einfach immer und unter allen Bedingungen.

Freitag

Irgendwie war es abzusehen: Seit Anfang der Woche waren Gewitter und Regenfälle bereits angekündigt, aber alles Unwetter beschrieb bis einschließlich Donnerstag einen eleganten Bogen um die Hansestadt. Punktgenau, gewissermaßen zur besten Sendezeit am ersten Tag des Elbjazz-Festivals, öffneten sich schließlich die Schleusen über Blohm & Voss und spülten unter anderem den Auftritt des Michael Wollny Trio über Bord. Zuvor hatte ich immerhin schon die von Kinga Głyk und dem Omer Klein Trio bewundern dürfen. Mein Glück im Unglück: In einer der kurzen Regenlücken zwischen 20 und 22 Uhr sprintete ich zum Alten Elbtunnel, um dann an den Landungsbrücken einem Bus der Linie 111 quasi in die Arme zu laufen, der schnellsten (und trockensten!) Verbindung von dort zur Elbphilharmonie. Dadurch war ich zwar eine gute Stunde zu früh, hatte dafür aber das feste Plaza-Dach über dem Kopf, was den Unterhaltungswert der letzten Gewitterausläufer erheblich steigerte.

Meine Reservierung hatte ich ursprünglich für „Michael Wollny & Friends“ (Samstag, 23 Uhr) getätigt, dann aber bei der Ticketausgabe versehentlich eine Karte für „Michael Wollny & Konstantin Gropper“ (Freitag, 23 Uhr) erhalten. Einerseits ärgerlich, verpasste ich doch dadurch den gemeinsamen Auftritt Wollnys mit Vincent Peirani und Émile Parisien. Andererseits stehen Termine des Duos Wollny/Gropper noch seltener auf den Spielplänen. Die beiden präsentierten ihre ganz eigene Form eines Liederabends, inspiriert durch Schuberts „Winterreise“, und kombinierten Stücke aus diesem Zyklus mit Liedern und Songs u. a. von Richard Strauss, Madonna, Pulp und den Flaming Lips. Ungestraft, möchte ich hiermit betonen. Ein Ereignis.

Samstag

Als ein ähnlich magisches Erlebnis entpuppte sich die Darbietung von Kat Frankie tags darauf in der Hauptkirche St. Katharinen. Frankie trat zunächst solo mit Gitarre an, um zum zweiten Teil ein fünfköpfiges Vokalensemble mit auf die Bühne zu bitten. Wer die Akustik des Gebäudes kennt, bekommt bei der bloßen Beschreibung Gänsehaut. Phantastisch.

Gar nicht so einfach, danach auf GoGo Penguin umzuschalten. Aber da ich es sehr rechtzeitig zur Bühne am Helgen geschafft hatte, konnte ich den Auftritt, von Schiffsgetute und Feuerwerk in der unmittelbaren Nachbarschaft eingeläutet, aus der ersten Reihe verfolgen. Das half.

Dann wurde es auch schon wieder Zeit für das leichte Vollzeug nebst Südwester. Den lege ich den Veranstaltern hiermit wärmstens als potenziellen Merchandising-Artikel ans Herz – ich sag nur: Festivalkonzerte und Festivalbesucher mit Schirmen… nun ja. Ich beendete mein Elbjazz-Programm mit einem Stündchen bei Kamasi Washington und einer kurzen Stippvisite bei der Aftershowparty in der Schiffbauhalle.

Sonntag

Erlend Øye auf Kampnagel, akustisch, zusammen mit italienischen und chilenischen Musikern – eine solch tiefenentspannte Fröhlichkeit habe ich lange nicht auf einer Bühne gesehen. Oder überhaupt sonst wo. Es war fast unmöglich, sich dem zu entziehen und so ließ sich die K6 mehrheitlich anstecken.

Und gerade als ich dachte, ich hätte jetzt ein paar Tage Pause bis Max Richter kamen mir die „Hamburg Sounds“ dazwischen. Stay tuned!

In Concert: GoGo Penguin mit „Koyaanisqatsi“ in der Elbphilharmonie

Als ich den Großen Saal der Elbphilharmonie im Februar dieses Jahres zum ersten Mal betrat, schoss mir durch den Kopf: „Filmkonzerte werden wohl weiterhin in der Laeiszhalle stattfinden. Das geht hier ja höchstens mit einem Videowürfel.“ Als dann aber das Programm des Elbphilharmonie Sommers veröffentlicht wurde, standen sehr wohl Filmvorführungen mit Livemusikbegleitung auf der Agenda, gleich mehrfach sogar. Umso gespannter war ich auf die Umsetzung.

Filmkonzert in der Elphi
Filmkonzert Elphi-Style

Die Lösung des Dilemmas: Hinter der Leinwand und da, wo man sie nicht wenigstens in Teilen einsehen kann, werden schlicht keine Plätze besetzt. Das war mir schon beinahe zu profan. Und ein bisschen schade war es auch für die, denen es genügt hätte, GoGo Penguin spielen zu hören. Man hätte sicher noch einige Hörplatztickets verkaufen können.

Koyaanisqatsi

Wobei deren Inhabern dann verborgen geblieben wäre, wie brillant das Trio den Film von Godfrey Reggio musikalisch untermalt hat. Nicht nur bezüglich der Klangfarben und des Charakters der jeweiligen Stücke, sondern insbesondere des in nahezu jeder Szene perfekten Timings. Schade nur, dass man den Sound nur als blechern bezeichnen konnte. Ein ganz und gar gläsernes Klangbild, ja, kann man machen, vielleicht war es als Stilmittel sogar so gewollt. Aber klingt dann halt bescheiden.

Bei meinem zehnten Elphi-Konzert wird es ein anderes Jazztrio sein, ohne Film und dafür hoffentlich mit mehr Wärme. Ich werde berichten.