The Show must go online (14)

Was soll ich sagen. Sir Simon Rattle und das Mahler Chamber Orchestra wären es im November gewesen. Und ein weiteres „Blind Date“. Ich wusste schon, warum ich mir den Gutschein für die Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker bis zum Herbst aufgehoben hatte. (Die Zugabe des Konzerts vom 31. Oktober 2020: „4’33“ von John Cage.) Der Vorverkauf für die Dezember-Konzerte in Hamburg soll übrigens wie geplant anlaufen. Ich überlege inzwischen, ob ich noch zugreife oder lieber nicht mehr. Was abgesehen von der allgemein unerfreulichen Lage mittlerweile nämlich auch ganz schön an die Nieren geht: ausgebremste Vorfreude. 

Daniel Hope startet ab kommenden Montag (2. November) eine neue Runde „Hope@Home“ bei ARTE Concert. Diesmal sollen junge, freischaffende Künstler im Fokus stehen, die von den coronabedingten Schließungen und Absagen bekanntlich besonders betroffen sind.

Das NDR Elbphilharmonie Orchester musste sein 75jähriges Jubiläum zwar vor leerem Saal begehen, aber immerhin, es konnte. Das Konzert vom 30. Oktober 2020 ist beim NDR als „Video on Demand“ abrufbar.

Die Nordischen Filmtage 2020 (4. bis 8. November) finden statt als Hybridformat nun komplett im Netz statt. Der Vorverkauf für die Streams startet am 1. November.

Ab 9. November gibt es Tickets für die neueste „In Camera“-Produktion des Old Vic Theatre zu kaufen: Jack Thornes Version von „A Christmas Carol“ wird zwischen dem 12. und 24. Dezember aufgeführt.

Das wird dann wohl spätestens der Moment sein, in dem ich Felicity Cloake’s Mince Pie Masterclass angehe. Letztes Jahr bin ich nicht dazu gekommen.

Film ab: The Muppet Christmas Carol

Marley was dead: to begin with.

Vor Jahren erschien auf dem Instagram-Account der englischen Buchhandelskette Waterstones die Abbildung der ersten Seite einer Ausgabe der „Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens. Das Thema: berühmte erste Romansätze.

Beinahe reflexartig dachte ich bei diesem Anblick: „Moment! Muss es nicht ‚The Marleys were dead: to begin with.‘ heißen?“ Kurz darauf tanzten vor meinem inneren Auge Statler und Waldorf in Ketten vor Sir Michael Caine, „We’re Marley and Marley“ singend, und mir war klar, woher dieser Reflex stammte.

Es ist ein unkaputtbares Weihnachtsritual, hingebungsvoll gepflegt von meiner kleinen Schwester und mir: Über die Weihnachtsfeiertage wird „The Muppet Christmas Carol“ geguckt, den augenrollenden Kommentaren des familiären Rests zum Trotze. Wir können den Film inzwischen komplett mitsprechen.

Da ist das Zusammenspiel der kongenialen Muppetbesetzung mit Michael Caine, der zu kaum einem Zeitpunkt wirkt, als ob er auch nur bemerkt, dass die meisten seiner Schauspielerkollegen nicht aus Fleisch und Blut sind*). Da sind die liebevollen, bis ins Detail ausgestalteten Kulissen: Noch beim x-ten Durchlauf kann man immer noch Neues entdecken; man achte z. B. auf die Namen der Geschäfte im Stadtbild. Und natürlich die Musik!

Das beste allerdings, und auf die Idee kommt man nicht zwingend, wenn man das singende Gemüse sieht („Mother always taught me: Never eat singing food!“): Die Muppetadaption bleibt trotz aller notwendiger Straffung und Anpassung an das Format sehr nah am Original. So ist beispielsweise ein Großteil des Textes von Charles „Gonzo“ Dickens im Film direkt aus dem Buch übernommen worden. Und als Rizzo bei der Ankündigung des Geisterbesuchs Bedenken äußert, die Situation könne für die Kinder im Publikum eventuell zu beängstigend sein, kontert Gonzo souverän: „Nah, it’s all right. This is culture!“

Und so funktioniert hier, was der Schlusssatz empfiehlt und was bei vielen anderen Literaturverfilmungen deutlich weniger ratsam ist: „If you liked this, you should read the book!“

In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!


*) „I’m going to play this movie like I’m working with the Royal Shakespeare Company. I will never wink, I will never do anything Muppety. I am going to play Scrooge as if it is an utterly dramatic role and there are no puppets around me.“ Brian Henson zitiert aus dem ersten Gespräch mit Michael Caine über die Rolle des Scrooge. („How we made: The Muppet Christmas Carol“, in: The Guardian, 21. 12. 2015).